4.5.2023
Prozessuale Probleme
Unter den Tatbestand des § 138 Abs. 2 BGB können nur auf einen Leistungsaustausch gerichtete
Vermögensgeschäfte fallen. Ein solches Geschäft kann auch ein Vergleich sein; es dürfen aber nicht
einzelne Elemente herausgenommen und isoliert betrachtet werden. Es lassen sich also nicht, wenn in dem
Vergleich eine Vereinbarung über die Tilgung der Hauptforderung und die Übernahme der Inkassokosten
getroffen wird, die Inkassokosten getrennt beurteilen. Vielmehr ist ein Gesamtvergleich anzustellen,
und eine Beurteilung der Frage des auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung
aufgrund der
Gesamtverpflichtungen
zu treffen. Falsch ist deshalb eine Entscheidung des Landgerichts
gewesen, weil es nur die Inkassokosten gewürdigt hat; die Entscheidung ist mit rechtskräftigem
Versäumnisurteil korrigiert worden.
Sind die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB nicht erfüllt, so kann sich eine Nichtigkeit trotzdem
noch aus § 138 Abs. 1 BGB ergeben, etwa weil ein
wucherähnliches Rechtsgeschäft
vorliegt. An ein
solches könnte bei einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung gedacht
werden; aus dem Missverhältnis könnte auf eine verwerfliche Gesinnung des anderen Vertragsteils
geschlossen werden. Aber auch hier ist für die Beurteilung der Frage, ob ein besonders grobes
Verschulden vorliegt, auf die gesamten gegenseitigen Leistungen, nicht allein auf die Inkassokosten,
abzustellen. Auch der BGH hat bei der Beurteilung der
Sittenwidrigkeit von Darlehensverträgen
die Inkassokosten immer nur als Rechnungsposten im Rahmen der Gesamtwürdigung einbezogen, konkret: den
Zinsen und Kosten zugerechnet. Dies kann anders sein, wenn es um die Beurteilung einer Schuldübernahme
durch weitere
Schuldner
geht, denn dann ist allein auf die übernommenen Kosten abzustellen. Sittenwidrig ist
auch eine Verpflichtung, die dem Schuldner die Zahlung höherer Raten abverlangt, als sein pfändbares
Einkommen beträgt. Dies ist immer der Fall, wenn besondere weitere Umstände hinzutreten.
Die Grenzen der Vereinbarung von Verzugszinsen und
Verzugskosten
zeigt eine Entscheidung auf, nach der ein von einem Inkassounternehmen mit einem Darlehensnehmer
abgeschlossener
Ratenzahlungsvergleich, nach welchem unter Verzicht auf Einwendungen jeglicher Art die wegen
Zahlungsverzugs vorzeitig fällig gestellte Restschuld zuzüglich Inkassokosten sowie zuzüglich 20%
Zinsen seit Abschluss des Teilzahlungsvergleichs in Raten gezahlt werden sollte, nicht vollstreckbar ist.
Das ergibt eine knappe Gesamtabwägung der Umstände des konkreten Falles durch den Gläubiger. Die
Vereinbarung bringt dem Schuldner nur eine unerhebliche und nach seinen Verhältnissen ebenfalls nicht
erfüllbare Ratenermäßigung.
Ratenzahlungsvergleich und Verbraucherkredit
Den Sonderfall eines Vergleichs stellt der Abschluss eines Ratenzahlungsvergleichs dar. Das erforderliche
Nachgeben des Gläubigers kann zum einen darin bestehen, dass er beim Gesamtbetrag reduziert. Als Nachgeben
ist es aber auch aufzufassen, wenn der Gläubiger dem Schuldner Ratenzahlung zubilligt. Durch diese wird
die Fälligkeit der Forderung hinausgeschoben, und ein Nachgeben bei der Fälligkeit ist für die Annahme
eines Vergleichs, soweit es den Gläubiger betrifft, ausreichend. Das Hinausschieben der Fälligkeit
bedeutet, dass der Schuldner mit dem Erbringen der vereinbarten Ratenzahlungen seine Schuld pünktlich und
vollständig erfüllt. Die Ratenzahlungen stellen damit keine Teilleistung im Sinne des § 367 BGB dar. In
der Zahlung der vereinbarten Raten ist auch eine
Zahlungsbestimmung
des Schuldners im Sinne des § 366 Abs. 1 BGB zu sehen.
Der Ratenzahlungsvergleich muss den Anforderungen des Verbraucherkreditgesetzes
entsprechen; es ist auf alle Kreditverträge und Kreditvermittlungsverträge anzuwenden. Für Verträge in
seinem persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich verlangt es in § 4 Schriftform und die Aufnahme
bestimmter Inhalte in den Vertrag. Verträge, welche diesen Anforderungen nicht entsprechen, werden
in § 6 Abs. 1 VerbrKrG überwiegend für nichtig erklärt. Zudem statuiert § 7 VerbrKrG für die in den
Anwendungsbereich fallenden Kreditverträge ein Recht zum Widerruf der auf den Abschluss des Kreditvertrags
gerichteten Willenserklärung. Enthält der Vertrag keine wirksame Belehrung über das
Widerrufsrecht,
so erlischt das Widerrufsrecht unter Umständen erst ein Jahr nach Abgabe der auf den Abschluss des
Kreditvertrags gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers. Deshalb ist die Frage, ob auf
Ratenzahlungsvereinbarungen, Teilzahlungsvereinbarungen oder Stundungsvereinbarungen das VerbrKrG
anzuwenden ist, vorrangig zu klären.
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